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Schilderwald: Viele Warntafeln sind Legenden

 

Köln/Berlin (dpa/tmn) - Nicht Schildermaler machen das Recht, sondern der Gesetzgeber und die Gerichte. Auch in vielen Bereichen des täglichen Lebens gibt es Warn- und Hinweisschilder, die den Betrachter das Fürchten lehren sollen. Vieles davon ist juristischer Unsinn.

 

"Eltern haften für ihre Kinder" oder "Vorsicht, bissiger Hund". Solche und ähnliche Schilder dominieren unseren Alltag und damit auch unser Verhalten. Doch einige dieser Warnungen und Hinweise haben keine rechtliche Bedeutung. "Die meisten Schilder, die irgendwo hängen, sind juristischer Unsinn. Die Leute fallen trotzdem darauf herein, und deshalb werden sie auch immer weiter dort hängen", erklärt der Rechtsanwalt Ralf Höcker aus Köln.

 

Haftung für Gaderobe: Damit die Jacke beim Essen nicht stört oder gar schmutzig wird, gibt es in vielen Restaurants eine Garderobe. Und gleich daneben hängt meist das Schild "Für Garderobe übernehmen wir keine Haftung". Der Wirt will sich damit vor Diebstahl oder Verlust schützen. Doch das Schild nützt ihm nur in manchen Fällen. "Man kann nicht einfach pauschal die Haftung für die Garderobe ausschließen", sagt Höcker. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Gast gezwungen wird, seine Garderobe abzugeben. "Wenn er keine andere Chance hat, als seine Jacke abzugeben, dann hat der Wirt auch dafür die Haftung zu tragen", erklärt Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Wenn ein Gast aber selber entscheiden kann, ob er die Jacke über die Stuhllehne oder an die Garderobe hängt, ist er auch selbst dafür verantwortlich, ergänzt Jürgen Benad vom Dehoga. Allerdings gibt es eine Grauzone. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs haftet ein Wirt auch dann nicht für die Garderobe, wenn er den Wunsch des Gastes, sie am Tisch zu behalten, ignoriert und sie stattdessen im Sichtbereich des Gastes am Kleiderständer aufhängt (Az.: VIII ZR 33/79).

 

Taschenkontrolle an der Supermarktkasse: "Unsere Kassiererinnen sind angewiesen, Ihre Taschen zu kontrollieren", prangt es mittlerweile an so mancher Supermarktkasse den Kunden entgegen. "Kassiererinnen haben kein Recht in Taschen zu gucken", erklärt Höcker. Grundsätzlich muss ein Kunde also eine Taschenkontrolle nicht hinnehmen. "Nur wenn ein konkreter Verdacht auf Diebstahl besteht, müssen Verbraucher eine Durchsuchung dulden", fügt Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hinzu.

 

Aufreißen von Verpackungen: Natürlich darf ein Kunde nicht durch den Laden laufen und jede Verpackung aufreißen. Wenn man es dennoch tut, muss man den Artikel aber nicht gleich zahlen - selbst wenn ein Schild im Laden darauf hinweist: "Das Öffnen der Verpackung verpflichtet zum Kauf". Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied (Aktenzeichen: 6 U 45/00), dass nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Kunde nicht verpflichtet ist, die Ware abzunehmen und zu bezahlen, wenn er die Verpackung einer Ware beschädigt. Er müsse höchstens Schadenersatz in Höhe der Kosten leisten, die die Wiederherstellung der Verpackung erfordert.

 

Eltern haften für ihre Kinder: Dieses Schild steht an fast jedem Baustellenzaun. Doch das Gegenteil ist der Fall. "Eltern haften nicht für ihre Kinder, sondern nur für ihre eigenen Fehler", sagt Höcker. Kinder ab sieben Jahren müssen Schäden, die sie verursacht haben, selbst bezahlen. Wenn das Kind jünger ist, habe der Geschädigte Pech, so Höcker. Der Schaden muss nicht von den Eltern ersetzt werden. Allerdings haben sie natürlich eine Aufsichtspflicht. Und die hängt vom Verhalten und Alter des Kindes ab. Wenn ein vernünftiges Kind also doch mal über den Bauzaun klettert, kann den Eltern kein Vorwurf gemacht werden. Wenn eine Mutter allerdings ihren dreijährigen Sohn mit einem Hammer im Porzellanladen spielen lässt, muss sie sehr wohl für den Schaden aufkommen, da sie nicht aufgepasst hat.

 

Bissiger Hund: Nicht nur Postboten fürchten Übles, wenn sie dieses Schild bei ihrer täglichen Tour von Haus zu Haus sehen. Suggeriert es doch, dass der dort wohnende Hund gefährlich ist und wenn er beißt, man selbst verantwortlich sei. Doch falsch! Warnschilder befreien laut Höcker nicht von der Haftung. Gerade kleine Kinder können solche Warnschilder ja nicht lesen. Deshalb gilt: Wer ein Haustier hält, muss zahlen, wenn es einen Menschen verletzt oder etwas beschädigt.

 

Skurrile Mieterrechte und –Pflichten

 

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Eltern haften für ihre Kinder - aber nicht immer

Duisburg/München (dpa/tmn) - Ein Kind zerdeppert die Fensterscheibe des Nachbarn. Ein anderes plündert das Süßigkeitenregal im Supermarkt. Ein Siebenjähriger bricht sich den Arm, als sein gleichaltriger Freund ihn schubst. Fragen und Antworten zur Haftung.

 

Wann sind Kinder für ihre Taten verantwortlich?

"Unter sieben Jahren ist es 'nicht deliktfähig'", erklärt Herbert Schons, Rechtsanwalt und Notar in Duisburg sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das heißt: Es gibt für den Schaden rechtlich keinen Schuldigen. Verfügt die Familie über eine private Haftpflichtversicherung, muss diese den Schaden nicht zahlen. Im Straßenverkehr gilt das bis zum Alter von zehn Jahren. "Wollen Eltern unabhängig von der Frage, ob sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben oder nicht, versichert sein, muss die Haftpflichtversicherung 'deliktunfähige' Kinder mitversichern", sagt Schons.

 

Muss die geöffnete Schokotüte im Supermarkt bezahlt werden?

"Nicht bei Kindern unter sieben Jahren", sagt Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern in München. "Sind sie zwischen sieben und 18 Jahren alt, hängt die Haftung von der Entwicklung und Einsichtsfähigkeit ab", so die Expertin. Eltern haften nur, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen. Lag die Schokotüte leicht zugänglich an der Kasse und waren die Eltern mit dem Bezahlen ihres Einkaufes abgelenkt, trifft sie keine Schuld. Dem Ladeninhaber hingegen kann eine Mitschuld unterstellt werden, da die Warenauslage an Kassen meist Kinder anspricht und leicht zugänglich ist. Halm: "Mit diesem Argument können Eltern sich gegen eventuelle Forderungen wehren." Anders verhält es sich, wenn Ware aus dem Regal entwendet wird - hier haben Eltern mehr Zeit, sich dem Kind zu widmen.

 

Wer haftet, wenn im Kaufhaus eine Vase zerbricht?

"Hier gelten dieselben Haftungsregeln wie im Supermarkt. Zunächst ist das Alter des Kindes zu berücksichtigen und dann die konkrete Situation", sagt Tatjana Halm. So müsste festgestellt werden, wo die Vase stand - sicher postiert oder aus werbestrategischen Gründen leicht zugänglich. Je leichter die Vase zugänglich war, umso höher die Gefahr, dass die Ware beschädigt wird.

 

Kindergeburtstag: Ein Gastkind zerdeppert eine Scheibe.

"Wer sich absichern möchte, schließt eine Privathaftpflicht mit Deliktunfähigkeits-Klausel ab", sagt Sven Kretzschmar, Referent Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt in Halle. Der Bund der Versicherten rät: Mitversichert sein sollten Schäden durch Kinder bis zu sieben Jahren mindestens bis 20.000 Euro Schadenssumme. Und die durch Kinder bis zehn Jahre verursachten Schäden im Straßenverkehr.

 

Kinder schlafen gerne bei Freunden: Wer trägt die Verantwortung?

"Die Aufsichtspflicht kann delegiert werden. Hier von den Eltern des Kindes auf die Eltern des gastgebenden Kindes", klärt Rechtsanwalt Schons auf. Bricht sich ein Gastkind den Arm und der Fall landet vor Gericht, so wird eventuell geprüft, ob ein Auswahlverschulden vorliegt - wenn beispielsweise einem Elfjährigen die Aufsicht über eine Gruppe Sechsjähriger übertragen wurde. Es kann auch geprüft werden, wie sich das Kind den Arm gebrochen hat. Sind die Kinder nachts aus dem Fenster geklettert? Wenn so etwas schon einmal passiert ist, sind besondere Vorkehrungen zu treffen.

 

Das Kind fällt auf der Rolltreppe aus dem Kinderwagen, verletzt sich.

"Hier geht es darum, ob die Sorgfaltspflicht verletzt wurde, oder nicht. Eltern nutzen die Rolltreppe auf eigenes Risiko", erläutert Rechtsanwalt Schons. Geht so ein Fall vor Gericht, kann eine Rechtschutzversicherung die Eltern vor hohen Anwalts- und Verfahrenskosten schützen.

 

Wer hat die Aufsichtspflicht, wenn das Kind im Schwimmbad auf Glas tritt?

"Es haftet der Betreiber des Schwimmbades. Wenn dieser jedoch nachweisen kann, dass die Wege in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, wird es schwieriger", sagt Rechtsanwalt Schons. Der Bademeister hat nur die Aufsichtspflicht für das Becken. Bei einem Astma-Anfall im Wasser zusätzlich zu den eventuell anwesenden Eltern.

 

Das Kind zerkratzt beim Spielen ein Auto.

"Im Kindergarten wird die Aufsichtspflicht an die Einrichtung delegiert. Kindergärten verfügen über eine Haftpflichtversicherung, die deliktunfähige Kinder einbezieht", erklärt Rechtsanwalt Schons. Seit 2002 sind Kinder für Schäden, die sie einem anderen bei einem Unfall im Straßenverkehr durch Fahrlässigkeit zufügen, erst ab Vollendung des zehnten Lebensjahres verantwortlich.

 

Nachwuchs in einem Mietshaus - müssen Nachbarn informiert werden?

Nein, denn Gerichtsurteile besagen, dass Hausbewohner Babyschreien selbst in Ruhezeiten ertragen müssen. Außer, den Eltern ist eine Schuld nachzuweisen. Geräusche spielender Kinder sind, so die Richter, "grundsätzlich allen anderen Menschen zumutbar."

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