Der Spiegel 2009 17.pdf

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Risiko Vorsorge
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DAS DEUTSCHE NACHRICHTEN-MAGAZIN
Hausmitteilung
20. April 2009
Betr.: Titel, Irak, SPIEGEL Wissen, SPIEGEL-Buch
V orsorgeuntersuchungen gelten unter Ärzten wie unter Patienten gemeinhin
als wichtiger Fortschritt der Medizin. Wer seinen Darm spiegeln, die Prostata
abtasten oder die Brüste röntgen lässt, beugt der Gefahr vor, an einer zu spät dia-
gnostizierten Krebserkrankung zu sterben – heißt es. Als SPIEGEL-Reporter Markus
Grill, 41, Zahlen über den Nutzen dieser Verfahren las, wurde er skeptisch: Wenn 1000
Menschen sich über einen Zeitraum von zehn Jahren etwa einem Test auf Brust- oder
Prostatakrebs unterziehen, stirbt laut Statistik lediglich einer weniger an diesem
Krebs als ohne die Untersuchung. Der SPIEGEL-Mann recherchierte, nach welchen
Methoden Vorsorgeuntersuchungen erfolgen und warum es zu Fehldiagnosen und
unnötigen Operationen kommt. „Die Vorsorge ist ein Mythos, ihren tatsächlichen
Effekt überschätzen oft auch Ärzte“, sagt Grill (Seite 124).
Ullrich Fichtner, 43, im Irak ge-
wesen, seit US-Soldaten das Land
2003 besetzten. Er hat Elend und
Zerstörung gesehen und erlebt, wie
der Wiederaufbau des Zweistrom-
lands immer wieder von Anschlä-
gen bedroht wurde. Das Fazit seiner
jüngsten Reise klingt ermutigend:
„Der Krieg ist zu Ende, es gibt kaum
noch militärische Operationen.“
Fichtner erhielt Zugang zu einer
Task-Force des US-Verteidigungs-
ministeriums um Paul Brinkley, 42,
die auf zivile Mittel setzt, um den Irak nachhaltig zu befrieden. Deren Strategie, so
Fichtner, sei erfolgreich, es stelle sich sogar die Frage, „ob ein falscher Krieg womöglich
doch zu richtigen Ergebnissen führen kann“ (Seite 52).
F ünfmal ist SPIEGEL-Reporter
Brinkley, Fichtner in Bagdad
neuen Reihe SPIEGEL WISSEN in den Handel. Das Magazin widmet sich jeweils
einem Thema aus Wissenschaft oder Technik. „Mein Ich“ lautet der Titel der ersten
Ausgabe: Im Mittelpunkt steht die Frage, was die Persönlichkeit
bestimmt, warum Menschen gelegentlich gern jemand anders
wären und weshalb es vielen schwerfällt, Eigenschaften zu ver-
ändern. Das Heft enthält neben Beiträgen von SPIEGEL-Redak-
teuren ein Streitgespräch zwischen dem Bestsellerautor Richard
David Precht („Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“) und dem
Hirnforscher Gerhard Roth. Auch der Arzt und Kabarettist
Eckart von Hirschhausen, dessen Buch „Glück kommt selten
allein“ derzeit die SPIEGEL-Bestsellerliste anführt, schreibt
exklusiv für SPIEGEL WISSEN. Das Heft kostet 6,80 Euro.
schwimmen im Kampf gegen den Terrorismus die Grenzen zwi-
schen Krieg und Frieden und zwischen Polizei- und Militäreinsätzen.
Der SPIEGEL-Autor und Staatsrechtler Thomas Darnstädt, 59, zeigt
im neuen SPIEGEL-Buch „Der globale Polizeistaat“ (DVA, 19,95
Euro) auf, wie dabei fast unbemerkt ein neues Recht entsteht. Die
neue Praxis, fürchtet Darnstädt, könne „das Ende unserer Freiheiten
bedeuten“.
Im Internet: www.spiegel.de
der spiegel
17/2009
5
D ie SPIEGEL-Familie wächst: An diesem Dienstag kommt das erste Heft der
S eit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA ver-
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In diesem Heft
Titel
Viele Vorsorgeuntersuchungen sind bei den
Patienten beliebt – doch unter Ärzten umstritten ... 124
Manager am Pranger der Politik
Seite 24
Die Finanzkrise hat die Hier-
archie von Wirtschaft und
Politik umgekehrt: Zum Kon-
junkturgipfel in dieser Wo-
che dürfen Kanzlerin Merkel
und Außenminister Stein-
meier mit einem eher be-
scheidenen Auftritt der Ma-
nager rechnen. Die einst so
stolze Kaste muss vielfach
um Staatsgelder betteln. Im
Wahlkampf wollen die Par-
teipolitiker mit Wirtschafts-
schelte punkten – unterstützt
von den wiedererstarkten
Gewerkschaften.
Deutschland
Panorama:
Innenminister planen Amnestie für
Besitzer illegaler Waffen / Konflikt um
Verfassungsjubiläum beigelegt / Kinderschützer
gegen Familienministerin von der Leyen ............... 19
Konjunktur:
Manager als neues Feindbild
der Parteien .......................................................... 24
Warum das Konjunkturpaket II noch
lange nicht wirkt ................................................... 26
Ökologie:
SPIEGEL-Gespräch mit Umweltminister
Sigmar Gabriel über verfehlte Klimapolitik und
die Vorteile einer boomenden Autoindustrie ........ 30
Ernährung:
Die Angst vor der Gentechnik führt
zur Abhängigkeit von Großkonzernen .................. 32
Integration:
In der Auseinandersetzung um
den islamischen Religionsunterricht zeichnet sich
eine pragmatische Lösung ab ................................ 34
Karrieren:
Etliche Politiker hoffen auf ein Minister-
amt in der kommenden Legislaturperiode ............ 38
Justiz:
Steinmeier, Merkel
Um einen Doppelmord aufzuklären,
bediente sich ein Kommissar der Hilfe einer
Hellseherin ............................................................ 40
Missbrauch:
Wie die katholische Kirche
einen pädophilen Pfarrer deckte ........................... 44
Terrorismus:
Islamunterricht in der Schule
Seite 34
Der fünfte Mann der
Sauerland-Gruppe ................................................. 46
Integrationsexperten und Sicherheitspoliti-
ker wollen die religiöse Unterweisung der
gut 750 000 muslimischen Schüler in Deutsch-
land nicht mehr länger den obskuren Hin-
terhofmoscheen überlassen. In mehreren
Bundesländern wird deshalb die Einführung
des schon seit Jahrzehnten geforderten Islam-
unterrichts an staatlichen Schulen vorange-
trieben.
Bildband über Alzheimer-Patienten /
Unterwäsche für Astronauten und Sparsame ........ 49
Eine Meldung und ihre Geschichte –
über den Fallschirmsprung eines Toten ................. 50
Frieden:
Mit den Waffen des Kapitalismus
befriedet ein Pentagon-Gesandter den Irak ........... 52
Ortstermin:
In München buchen viele
Touristen die Adolf-Hitler-Führung ....................... 60
Muslimische Schüler im Unterricht
Telekom fordert Schadensersatz von
Zumwinkel / Arbeitsagentur geht das Geld aus /
Conti schröpft Zulieferer ....................................... 62
Autoindustrie:
Porsches Neun-Milliarden-Problem
Hat sich Porsche mit der
VW-Übernahme verhoben? ................................... 64
Krisenmanagement:
Seite 64
Wird aus dem großen Coup ein Desaster? Der Autozwerg Porsche hat zwar den
Riesen VW übernommen – aber jetzt leidet das Familienunternehmen unter einem
Schuldenberg von neun Milliarden Euro. Die Banken stellen harte Forderungen.
Ein diskreter Zirkel
steuert die Rettungsprogramme der Regierung ..... 68
Banken:
Die Gründung von „Bad Banks“
wird vorbereitet .................................................... 72
Bahn:
Die Datenaffäre weitet sich aus .................. 74
Wirtschaftskrise:
SPIEGEL-Gespräch mit
dem Ökonomen Heiner Flassbeck über die
Notwendigkeit massiver Ausgabenprogramme
und die Gefahr einer Deflation ............................. 78
Landwirtschaft:
Vom Staatsanwalt geoutet
Seite 92
Die Intimsphäre ist für das Publikum
tabu – eigentlich. Im Fall der am
Ostersamstag verhafteten No-Angels-
Sängerin Nadja Benaissa machten
Staatsanwaltschaft und Medien indes
eine HIV-Infektion öffentlich, weil
die Popmusikerin bezichtigt wird,
mehrere Sexualpartner infiziert zu
haben. Nun gerät die Justiz selbst
in Verdacht: Lieferte sie eine junge
Frau fahrlässig der Sensationsgier des
Boulevards aus?
Gerecht gehandelte
Produkte bringen den Bauern oft wenig ................ 82
MDR-Intendant Reiter verteidigt
Anlagestrategie / ARD-Serie verärgert Männer ..... 91
Persönlichkeitsrechte:
Die Verhaftung
der No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa ............... 92
Veröffentlichung von Folter-
Memoranden spaltet Amerika / Die Ausbreitung
der Hisbollah in Ägypten / Der Forscher
Robin Munro über Zwangspsychiatrie in China .... 97
Piraterie:
Die unheimlichen Allianzen der
somalischen Seeräuber ........................................ 100
Benaissa
8
Gesellschaft
Szene:
Wirtschaft
Trends:
Medien
Trends:
Ausland
Panorama:
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Interview mit Ex-Premier Thaksin
Shinawatra über den Aufstand seiner Anhänger
gegen die Regierung in Bangkok ......................... 104
Kuba:
Tauwetter zwischen Washington
und Havanna? ..................................................... 106
Südafrika:
Die erstaunliche Wandlung der
früheren Elendssiedlung Soweto .......................... 110
USA:
Absturz in die Armut .................................. 112
Global Village:
Ex-Fußballprofi Rainer Bonhof über
Nachbarschaftsduelle / Neue Indizien gegen
Kiels ehemaligen Handball-Manager Schwenker ... 117
Gewichtheben:
SPIEGEL-Gespräch mit
Olympiasieger Matthias Steiner über Popularität
und das Leben mit Dopingkontrollen .................... 118
Fußball:
Deutscher Marine-Einsatz vor Somalia
Ein Karlsruher Glamour-Paar versorgt
die Medien mit Skandälchen ................................ 121
Die Piraten-Allianz
Seite 100
Somalias Seeräuber sind weitaus besser organisiert als bislang angenommen – und
inzwischen kooperieren sie auch eng mit ihren alten Feinden, Qaida-nahen Milizen
der Islamisten. Doch nach den Überfällen der vergangenen Wochen wollen die Alli-
ierten massiv einschreiten, Experten arbeiten an militärischen Strategien.
Hundeopfer gegen Hexerei / Urintest
soll Lungenkrebsrisiko verraten ........................... 122
Geografie:
Peugeot baut ein Dieselauto
mit Hybridantrieb ................................................ 139
Medizin:
Gesprengte Berge – die Verwüstungen
durch die US-Kohleindustrie ............................... 142
Wie Ärzte Tablettensucht fördern ........ 140
Kubas Hoffnung Seite 106
50 Jahre nach der Revolution geht der Kal-
te Krieg zwischen Washington und Havan-
na zu Ende. US-Präsident Obama lockert
Reisebeschränkungen, die greisen Castro-
Brüder aber zögern noch mit Reformen.
Haute Couture vom Sonnenkönig in
Versailles / Sind deutsche Museen zur Rückgabe
von Raubkunst bereit?.......................................... 145
Fantasy:
Das anschwellende Bedürfnis, von
Übersinnlichem zu lesen ...................................... 148
Kino:
Wiederbelebung des französischen
Gangster-Genres mit Vincent Cassel in
„Public Enemy No. 1“ .......................................... 151
Autoren:
Plakat mit den Castro-Brüdern
In „Nachts kommen die Füchse“
erzählt Cees Nooteboom vom Ringen mit
der Erinnerung .................................................... 152
Essay:
Der Präsident der Berliner Humboldt-
Universität, Christoph Markschies, über den
Nutzen von Religionsunterricht in der Schule ..... 154
Pop:
Die Wüste wird grün
Seite 136
Die Sahelzone gilt als Inbegriff von Dürre
und Elend. Doch neue geografische Stu-
dien belegen eine erstaunliche Erfolgsge-
schichte: Am Südrand der Sahara wachsen
neue Bäume, allein in Niger auf fünf Mil-
lionen Hektar. Einfachen Bauern ist damit
gelungen, woran Experten, Minister und
die Uno jahrzehntelang gescheitert sind.
„Sounds of the Universe“, das neue
Album von Depeche Mode, begeistert die Fans ... 156
Biografien:
Die schwule Welt des spanischen
Dichters Federico García Lorca ........................... 158
Bestseller
Der neue Chef des
Hamburger Kunstvereins, Florian Waldvogel,
steht im Ruf eines Rebellen ................................. 162
.................................................................... 10
Impressum, Leserservice
................................ 164
............................................................. 166
Personalien
........................................................ 168
Hohlspiegel /Rückspiegel
Akazien in der Sahelzone
................................ 170
Foto Frank Wartenberg für den SPIEGEL, Illustration
Jean-Pierre Kunkel für den SPIEGEL
Reise in die Phantasie
Seite 148
Blick ins Ich
Forscher suchen in den Gehir-
nen von Studenten das Blit-
zen der Gedanken. Dazu im
UniSPIEGEL: Studieren in
Dublin, Nachwuchsbanker auf
Jobsuche und Sebastian Rab-
sahl – Star des Poetry Slam.
Auch nach dem Ende des Harry-Potter-Fiebers
boomt das Fantasy-Genre weiter: Immer mehr
Bestseller handeln von Vampiren, Elfen und
anderen Fabelwesen. Woher kommt die Be-
geisterung für die phantastischen Welten?
Szene aus Fantasy-Film „Tintenherz“
der spiegel
17/2009
9
Thailand:
Im irischen Limerick schürt der
Abzug der Computerfirma Dell Existenzängste ... 115
Sport
Szene:
Wissenschaft · Technik
Prisma:
Die Sahelzone ergrünt ...................... 136
Automobile:
Umwelt:
Kultur
Szene:
.......................................................... 159
Nahaufnahme:
Briefe
Register
Titelbild:
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Briefe
„Judas war sicher ein intelligenter und rede-
gewandter Mann, den Jesus als Apostel
annahm und ‚duldete‘. Der Fehler des Judas
war, dass ihm die materiellen Dinge höher
standen als die geistige Lehre seines Herrn.
Insofern hat die Judas-Gestalt eine tragi-
sche Dimension, die sich leider auch heute im-
mer in vielfältigster Form neu manifestiert.“
Klaus Opitz aus Bergisch Gladbach zum Titel
„Judas – Verräter im Namen Gottes?“
Im Grunde hat Judas die Rolle des Pries-
ters, er bringt das Opfer dar – zugleich mit
dem Opfer seines eigenen Lebens.
Schieder-Schwalenberg (Nrdrh.-Westf.)
Thomas Becker
SPIEGEL ONLINE Forum
SPIEGEL-Titel 16/2009
Für mich hatte die Gestalt des Judas schon
immer mehrere Facetten. Das hängt zum
einen mit Ungereimtheiten im biblischen
Bericht zusammen, die durchaus ein am-
bivalentes Licht auf die Vorgänge um den
Verrat Jesu werfen, aber auch mit meiner
Vorstellung eines liebenden und gnädigen
Gottes, die so gar nicht zum persönlichen
Schicksal eines Menschen passen will, der
sozusagen zwangsläufig in eine Situation
gelangt, aus der er sich nicht mehr befrei-
en kann und in der er auch keine Gnade
findet.
Freiburg im Breisgau
Für das Ostergeschehen entbehrlich
Nr. 16/2009, Titel: Judas – Verräter im Namen Gottes?
der sich „Judasevangelium“ nennt und
heute immerhin eine Titelstory wert ist.
Fast scheint es so, als hätte der jungen Kir-
che bei ihrer Auswahl der Heilige Geist
ein wenig geholfen.
Monheim am Rhein (Nrdrh.-Westf.)
Wolfgang Dyck
Dr. Armin Zastrow
Alle Texte in der Bibel wurden verschieden
interpretiert und übersetzt. Je nachdem,
welcher Interpretation man folgt, wurde
Jesus von einer Jungfrau geboren oder von
einer jungen Frau, war Judas Verräter oder
gar der treueste Anhänger Jesu. So be-
nötigt man keine neuen Evangelien, um
die Rolle von Judas anders zu bewerten.
Auch in den in der Bibel vorhandenen
kann man statt eines Verrats den Befehl
Jesu an Judas lesen, ihn auszuliefern. Die
Szene um die Frage, wer es sei, der ihn
verrät, wird dabei zu einer Art Losver-
fahren, bei der Jesus den Ausgang be-
stimmt.
Berlin
Ich möchte gern verstehen: Was wäre pas-
siert, hätte Judas Jesus nicht verraten.
Wäre Jesus dann nicht verurteilt und ge-
kreuzigt worden? Wäre die Geschichte der
Christenheit anders verlaufen? Wie wäre
Jesus zum Erlöser geworden? Sollte er
denn nicht „für unsere Sünden“ sterben?
Wie also kommt man als Christ darauf, Ju-
das für seine Rolle im Leidensweg Christi
zu verurteilen? War er denn nicht einfach
ein „Werkzeug“, mit dessen Hilfe der Gott
den Dingen ebenjene Wendung gegeben
hat, die zur Kreuzigung führten?
Übersee (Bayern)
Judas hat Jesus leidgetan, sogar nach dem
Urteil der Evangelien. Markus bezeichnet
ihn ausdrücklich als „Menschen“, der im
Dr. Helmut Hetznecker
SPIEGEL ONLINE Forum
Danieel Dallmann
Passend zu Ostern – auch der SPIEGEL
kommt langsam dahinter, dass es so was
wie Apokryphen gibt. Die beschriebenen
frühchristlichen Sektierergruppen sind
nicht neu, und das Judasevangelium ist si-
cherlich ein spannendes Puzzleteil der Ge-
schichte. Ich bin allerdings fassungslos über
den Schluss, zu dem Ihr Autor kommt.
Ohne Judas keine christliche Kirche? Das
ist vermessen. Judas war ein Enttäusch-
ter, aber ansonsten für das Ostergesche-
hen entbehrlich.
München
Abendmahlsdarstellung, 14. Jahrhundert
Teuer bezahlter Verrat
Die Gestalt des Judas ist völlig unhisto-
risch. Er ist eine Figur des Glaubens und
der Soziallehre. Er wird als Sozialrevolu-
tionär dargestellt, der Jesus schon bei der
Salbung in Betanien kritisiert hatte: Das
sei Geldverschwendung, denn das Geld
zum Kauf des teuren Öls sollte man besser
den Armen geben. Jesus fand das offen-
sichtlich kleinkariert, weil er die Liebe Ma-
rias hervorheben wollte. (Wie Heine er-
kannte Jesus wohl, dass ein rigoroser Kom-
munismus zu Kultur- und Lieblosigkeit
führt.) Nach der Theologie der Evangelien
spielte Judas lediglich eine Rolle, denn der
Opfertod Jesu stand von vornherein fest.
Hat Judas überhaupt frei entschieden?
Werne (Nrdrh.-Westf.) Hannes Küper
SPIEGEL ONLINE Forum
Karin Koch
vorgeschriebenen Text der Heilsgeschichte
neben Jesus die schwierigste Rolle hat –
falls er für immer in der Hölle schmoren
müsste, wäre sein Opfer sogar größer als
das des Heilands. Später ist er dann mehr
und mehr verteufelt und plump antiju-
däisch missbraucht worden. In Wirklich-
keit war er ein treuer Gehilfe Jesu, ein Die-
ner Gottes. Möglicherweise uneins über
den Weg der Befreiung, aber unerlässlich
in seinem „Verrat“, den er teuer bezahlte.
Mal ganz ehrlich: Niemand zwingt den
SPIEGEL, an christlichen Feiertagen als
Titelthema etwas mit Bezug zum Chris-
tentum zu machen. Ganz im Gegenteil,
eine Abweichung von dieser Regel wäre
nicht nur erfrischend, sondern sähe auch
gleich viel weniger sensationslüstern und
billig aus.
Bremen
Diskutieren Sie auf SPIEGEL ONLINE
Judith Schmidt
Wo nutzen, wo schaden Vorsorgeuntersuchungen?
www.spiegel.de/forum/Gesundheitsvorsorge
Man kann der frühen Kirche nur dankbar
sein. Mit untrüglichem theologischem Ge-
spür filterte sie aus der damaligen Text-
inflation jene Texte heraus, die heute zum
kanonischen Bestand des Neuen Testa-
ments gehören. Gleichzeitig ließ sie Texte
außerhalb des Kanons, wie jenen Murks,
Rechtfertigt der Kampf gegen Hunger
die Gentechnik? www.spiegel.de/forum/Gentechnik
Soll islamische Religion deutschlandweit unter-
richtet werden? www.spiegel.de/forum/Islamunterricht
10
der spiegel
17/2009
•Titel
• Welternährung
• Schule
242732880.012.png 242732880.013.png 242732880.014.png 242732880.015.png 242732880.016.png
Zgłoś jeśli naruszono regulamin