Dahl, Arne - Rosenrot.pdf

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Wie schnell die Gedanken laufen, wenn die Pforte des Todesreiches in Sicht-
weite ist. Nicht schnell genug allerdings für Winston Modisane. Aber vielleicht
verdunkelt auch der Zorn während dieses Augenblicks, der das Leben vom Tod
trennt, seine Vernunft. Der Zorn auf alles, was das Leben des Südafrikaners in
Stockholm ausmacht. Jedenfalls ist Winston Modisane fünf Sekunden später
tot – erschossen von Dag Lundmark, einem Polizisten. Lundmark leitet die Po-
lizeirazzia, die angeblich illegale Einwanderer aufstöbern sollte. Doch Lund-
mark hat andere Motive, ganz andere – das wird auch Kerstin Holm rasch klar,
denn sie kennt Dag Lundmark noch aus alten Tagen. Nach einem ersten Ver-
hör aber verschwindet Lundmark spurlos, und viele Fragen bleiben offen:
Warum musste Modisane wirklich sterben? Hängt sein Tod vielleicht mit sei-
ner Beschäftigung in dem Pharmaunternehmen Dazimus zusammen, in dem
AIDS-Medikamente entwickelt werden? Der Mord an einem internationalen
Serientäter aber lenkt Paul Hjelm und Kerstin Holm zunächst von diesem bri-
santen Fall ab...
»Rosenrot« erzählt von Tod, Leidenschaft, der Liebe und ihren seltsamen Kin-
dern, ein rasanter, tiefgründiger Fall, der im Milieu illegaler Einwanderer be-
ginnt und in der trügerischen Idylle eines südschwedischen Sommerhauses
sein atemloses Ende findet.
Arne Dahl ist das Pseudonym des schwedischen Romanautors Jan Arnald, Jahr-
gang 1963. Arnald ist Literatur- und Theaterkritiker und arbeitet für die
Schwedische Akademie, die alljährlich den Nobelpreis vergibt. Mit seiner Serie
um die Sonderermittler der A-Gruppe tritt er in die Fußstapfen seiner großen
Vorbilder Maj Sjöwall und Per Wahlöö.
»Rosenrot« ist nach »Misterioso«, »Böses Blut«, »Falsche Opfer« und »Tiefer
Schmerz« der fünfte Fall um seine Ermittler Paul Hjelm und Kerstin Holm.
arne dahl
rosenrot
Kriminalroman
Aus dem Schwedischen von
Wolfgang Butt
Piper Nordiska
Die Originalausgabe erschien 2002 unter dem Titel
»De största vatten« bei Bra Böcker AB, Malmö.
Vermittelt durch die Bengt Nordin Agency, Stockholm.
Von Arne Dahl liegen im Piper Verlag vor:
Misterioso (Serie Piper 3992)
Böses Blut (Serie Piper 4285)
Falsche Opfer (Serie Piper 4376)
Tiefer Schmerz
ISBN-13: 978-3-492-04809-5
ISBN-10: 3-492-04809-9
© Arne Dahl 2002
Deutsche Ausgabe:
© Piper Verlag GmbH, München 2006
Satz: Satz für Satz. Barbara Reischmann, Leutkirch
Druck und Bindung: Clausen & Bosse, Leck
Printed in Germany
www.piper.de
Sich schwarz ärgern, dachte er und fixierte
sein Spiegelbild. Für einen flüchtigen Augen-
blick ließ ein kaum spürbares Beben die Kon-
turen leicht verschwimmen.
Nur eine Minute später, oben auf dem
Dach, würde er denken: Hätte ich nicht schon
da reagieren sollen? Hätte ich nicht wachsa-
mer sein sollen? Hätte ich nicht begreifen
müssen, dass dieses kaum erkennbare Beben
ein Vorbote war?
Dann wäre ich noch am Leben.
Doch das war später. Jetzt beschäftigte ihn etwas anderes. Die ver-
steckten Vorurteile der neuen Sprache nahmen ihn in Anspruch. Sein
letzter Gedanke sollte sein: Vielleicht war es genau das, was mich getötet
hat.
Aber bis dahin war es noch fast eine Minute.
Er dachte: der schwarze Tod, die schwarze Liste, schwarze Löcher
und schwarze Schafe. Er dachte: Schwarzmakler, Schwarzarbeit,
Schwarztaxi.
Er dachte: vollkommen schwarz geärgert.
Das bedeutet, dass der Zorn die Vernunft verdunkelt. Und dass man
es sieht.
Und er folgte den schwarzen Konturen des Spiegelbilds, immer wie-
der, bis er seinem eigenen weißen Blick begegnete, und nur fünfzig Se-
kunden später sollte er denken: Vielleicht war ich wirklich, in dieser
kurzen Gnadenfrist, schwarz vor Wut. Vielleicht hat der Zorn in dieser
Minute, die Leben von Tod trennte, meine Vernunft verdunkelt. Viel-
leicht ist in den versteckten Vorurteilen der Sprache ein feiner Determi-
nismus versteckt.
Wie schnell die Gedanken liefen, wenn die Pforte zum Reich des To-
des in Sicht war.
Aber das dachte er erst fünfundvierzig Sekunden später.
Jetzt dehnte er ein wenig den Nacken. Kohlschwarz, dachte er. Pech-
schwarz, dachte er. Rabenschwarz, tiefschwarz, nachtschwarz.
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